Samstag, 12. Mai 2018: León (Pausentag)
Ich bin nassgeschwitzt: Es ist zwei Uhr und ich bekomme kaum Luft. Wir sind noch immer nur drei Personen in einem Raum, der einer Sauna näher kommt als einem Schlafzimmer. Als ich die Ohrstöpsel herausnehme, höre ich die Klimaanlage rauschen. Ich klettere aus meinem Bett, um deren Einstellungen zu prüfen: 18 Grad, Klima, kleine Gebläsestufe. Das Thermometer aber zeigt 30 Grad, und die Anlage heizt – es ist kaum auszuhalten! Ich schalte das Ding ab. Das Fenster kann ich nicht öffnen, weil sonst lauter Partylärm ins Zimmer dringen und die Besoffenen eventuell Gegenstände hineinwerfen könnten. Um drei Uhr verlasse ich das Bett und ziehe mich an. Es ist nicht auszuhalten!
Ich streife durch die von betrunkenen und grölenden Menschen bevölkerten Gassen, kaufe mir eine Dose Cola und setze mich vor der Kathedrale auf eine Bank. Mit meinem Handy buche ich für die kommende Nacht eines der letzten verfügbaren Airbnb-Zimmer. Ich will wenigstens heute Nacht richtig schlafen. Bis das erste Café öffnet, sind es jetzt noch über drei Stunden. Es ist unglaublich: Ich habe das Gefühl, als ob alle spanischen Junggesellen den Abschied von ihrem bisherigen Leben hier in León feiern.
Nach einiger Zeit kehre ich zurück ins Hostel und setze mich mit meinem Laptop zum Schreiben in den Gemeinschaftsbereich. Immer wieder kommen lärmende, besoffene und rücksichtslose Gestalten in die Unterkunft. Im Suff (sowie beim Spiel und beim Sex) zeigt sich der wahre Charakter eines Menschen. Irgendwann fallen mir die Augen zu, und ich mache es mir auf zwei Stühlen so bequem wie möglich – naja, nicht wirklich bequem. Um halb sieben laufe ich im Morgengrauen durch die jetzt endlich schlafende Stadt. Nur die Stadtreinigung ist aktiv, und sie hat einiges zu tun. In wenigen Stunden wird vom nächtlichen Chaos mit Plastik- und Pappbechern, Glasscherben, Flaschen und Unmengen anderen Abfalls nichts mehr zu sehen sein.