Sonntag, 22. April 2018: Puente la Reina – Estella (21,9 km)
Um vier Uhr morgens geht es los. Deutlich vernehmbares Stimmengewirr, Schlurfen über den Gang und irgendwelche technischen Geräte, die in unregelmäßigen Abständen so etwas wie „hello“ von sich geben. Ist das eine Tamagotchi-App? Ich höre das alles trotz Ohrstöpsel. Zum Glück bin ich so faul, dass ich nicht aufstehe. Bestimmt hat meine Faulheit einen oder mehrere Morde auf dem Camino verhindert. Als ich mich um sechs Uhr gerädert aus dem Bett quäle, sehe ich noch einige Koreanerinnen bei irgendwelchen Übungen draußen. Die Türe steht offen, im Waschraum ist es eiskalt.
Als ich wenig später meine Sachen gepackt habe, machen sich die lieben asiatischen Mitpilger gerade auf den Camino. Eingehüllt in lange Hosen, langärmelige Shirts und mit Tüchern als Mundschutz. Hut, Handschuhe und die Sonnenbrille verdecken den Rest der noch sichtbaren Haut. Okay, jeder läuft hier so, wie er oder sie will. Das Gepäck steht sauber zur Abholung bereit. Inklusiver einiger reisekoffergroßer Trolleys, welche auf dem Plattenboden dieser Herberge ganz wundervolle Geräusche von sich geben – morgens um fünf. Manche der Koffer sind so groß, dass ein kleiner Mensch problemlos darin transportiert werden könnte.
Nach einem übersichtlichen Frühstück mit gutem Kaffee sind Robin und ich bereits vor Sonnenaufgang auf dem Weg, aber hell ist es bereits. Die heutige Etappe nach Estella habe ich ohne nennenswerte Steigungen in Erinnerung. Das erzähle ich auch einigen Mitpilgern und höre später häufig Klagen. Es ist ein ständiges Auf und Ab mit teilweise steilen Anstiegen. Zukünftig werde ich mich mit solchen Aussagen zurückhalten.