Freitag, 30. März 2018: Decazeville – Figeac (25,7)
Gestern Abend bin ich pünktlich um 19 Uhr in Viviez angekommen und wurde im Schloss empfangen wie ein Freund. Das Haus ist ausgebucht, aber ich habe gestern nach dem Besuch bei meinem Papa, dem es jeden Tag besser geht, das normalerweise nicht vermietete private Gästezimmer der Familie reserviert. Bald nach dem Abendessen verabschiede ich mich auf mein Zimmer, und bereits vor 22 Uhr fallen mir die Augen zu; der heutige Tag hatte für mich bereits um 4:45 Uhr begonnen.
Im schmalen Bett habe ich gut geschlafen und bin nach Morgentoilette und Dusche um acht Uhr beim Frühstück mit frisch gepresstem Orangensaft und einem gekochten Ei (vielleicht wegen Ostern?). Der Regen hat bereits aufgehört, und die Sonne kämpft sich langsam durch die Wolkendecke. Ich bin guter Laune und freue mich, wieder ein Pilgerdasein führen zu können. Justin – der Sohn von Annet und Wim – fährt mich zusammen mit seinem anderthalb Jahre jungen Filius nach Decazeville, wo ich wieder in den Camino einsteige.
In Livinhac-le-Haut, das trotz des Namens quasi im Tal liegt,kaufe ich noch zwei Bananen und einen Apfel für die gesunde Ernährung. Kurz nach dem Ort geht es wieder recht steil bergauf. Die Wege an sich sind heute sehr, sagen wir mal, abwechslungsreich. Mal laufe ich auf kleinen Teerstraßen, mal auf offensichtlich recht frisch angelegten Pfaden direkt daneben. Dann wieder genieße ich extrem matschige Feld- und Wirtschaftswege, welche manchmal vor lauter Wasser und Matsch kaum als solche zu erkennen sind.
Auch die Beschilderung des Jakobsweges weicht erstaunlich oft von der Route aus meinem Pilgerführer ab. Und dann komme ich an einen Wegweiser, wie ich ihn liebe: Er zeigt in zwei fast entgegengesetzte Richtungen. Ich zögere hier nicht lange, sondern entscheide mich schnell für eine Route: Die Via Podiensis – einer der vier historischen Jakobswege in Frankreich – deckt sich heute weitgehend mit dem französischen Fernwanderweg GR 65 und führt von Le Puy-en-Velay in der Auvergne nach Saint-Jean-Pied-de-Port in den Pyrenäen. Daher wird der Jakobsweg meist nicht gesondert ausgezeichnet, sondern die Pilger folgen der weiß-roten Beschilderung.