Mittwoch, 21. März 2018: Estaing – La Soulié (21,3)
Laut meinen Raummitbewohnern bin ich gestern sofort, also binnen Sekunden, eingeschlafen und habe mit lautstarken Sägearbeiten begonnen; kann ich gar nicht verstehen, ich habe nichts davon mitbekommen. Also bin ich heute Morgen als erster auf den Beinen und auch rechtzeitig zum Morgengebet im Gebetsraum. Leonard, Chantalle und Elisabeth singen mich in den Tag. Meine Sprachkenntnisse sind leider nicht gut genug, um in der gebotenen Geschwindigkeit zu lesen, mir Gedanken über die Aussprache zu machen und die Töne dann auch noch passend zur Melodie aus meiner Kehle fließen zu lassen.
Anschließend gibt es Frühstück mit selbstgemachter Marmelade. Auch die Mitpilger sind inzwischen aus den Federn gekrochen. Nach dem obligatorischen Selfie mit den „Herbergseltern“ brechen wir auf und kaufen in einem kleinen Laden noch Käse und Taschentücher ein. Letztere gibt es hier nur in einer Klinikpackung, aber es ist weniger das Gewicht, welches mich stört, sondern das Volumen. Brot gibt es hier nicht, und die Bäckerei hat geschlossen – Mercredi!
Bei strahlend blauem Himmel geht es direkt nach der Überquerung der Brücke über den Lot, und wir steigen auf einem steilen Weg durch den Eichenwald wieder aus dem Tal nach oben. Von einer kleinen Ausnahme abgesehen führt der Jakobsweg weitgehend eben bis in das kleine Dorf Saint-Génies-de-Ers. Keine Geschäfte und keine Lokalität. Wir sehen einem jungen Mann, Florian, welcher gerade an seinem VW-Transporter werkelt und fragen ihn, ob es im Ort eine Möglichkeit gibt, einen Kaffee zu trinken. Er verneint entschieden, bietet uns aber an, bei ihm in der Küche einen Tee zu kochen.
Wir sind froh, in einem geschlossenen Raum ohne Wind zu sitzen, auch wenn es hier nicht nennenswert wärmer ist als draußen. Das Wasser aus dem Hahn fließt zur Überraschung von Flo nicht, aber es steht eine Flasche mit Wasser bereit, welches wir für den Tee verwenden können. Später kaufen wir bei Flos Frau noch selbstgemachte Seife und machen uns wieder auf den Weg. Im nächsten Dorf, Campuac, soll es eine geöffnete Bäckerei geben, aber das wird knapp werden, denn wahrscheinlich erreichen wir den Ort nicht mehr vor der Mittagspause. Das Wandern ist heute zäh, und die Hoffnung auf ein frisches Baguette schwindet.