Donnerstag, 8. März 2018: Montbrison – Marols (22,9 km)
Die ganz miese Stimmung von gestern ist verflogen, trotzdem bleibt die Einsamkeit. Nach dem Frühstück führe ich noch zwei längere berufliche Telefongespräche und trinke noch einen echten Kaffee (im Hotel war es Instantkaffee, pfui), bevor ich die Stadt verlasse. Zunächst verläuft der Jakobsweg weitgehend eben in südöstlicher Richtung aus der Stadt hinaus.
Auf angenehmen Pfaden und Feldwegen laufe ich über Wiesen und Weiden nun stetig leicht bergauf und immer der Sonne entgegen. Mit dem erklimmen des Montsupt, einem der vielen Vulkankegel der Gegend, gewinne ich weiter an Höhe und kann nochmals die Aussicht auf das Loiretal genießen. Die kleine Kapelle hier oben ist leider verschlossen. Wenig später lässt sich ein bunter Schmetterling auf trockenem Gras geduldig von mir fotografieren, bevor er die Witterung eines Artgenossen aufgenommen hat und davonfliegt. Tatsächlich, ein zweiter Falter ist in der Luft und wird umschwärmt. Ob es sich bei dem nun folgenden Tanz um Balzgehabe oder um einen Revierkampf handelt, vermag ich nicht zu sagen.
Wenig später mache ich in Margerie-Chantagret eine Kaffeepause. Lange kann ich mich nicht aufhalten, denn ich weiß nicht, wie weit ich noch laugen muss. In den vergangenen Tagen habe ich unzählige Versuche unternommen, in Marols oder La Chapelle Pilgerherbergen zu erreichen, leider ohne Erfolg. Mailadresse oder Telefonnummer war unbekannt oder es hat schlicht niemand abgenommen. Die einzige Person, die ich erreicht habe, teilte mir mit, dass die Auberge de Marols bereits ausgebucht sei. Also bin ich heute morgen, besser gesagt war es fast elf Uhr, in Montbrison aufgebrochen, ohne zu wissen, wo ich mich heute Abend betten werde. Auf dem Camino Francés in Spanien ist das kein Problem sondern Normalzustand aber hier ist mir dabei nicht ganz so wohl.
Für eine halbe Stunde schlendere ich auf einem fast ebenen Pfad über die Weiden bevor der Anstieg beginnt. Nach Saint-Jean-Soleymieux, verläuft der Jakobsweg wieder durch den Wald, welcher noch vorwiegend aus kahlen Laubbäumen besteht, weiter oben aber mehr und mehr zu einem Nadelwald mutiert. Es geht teilweise steil und steinig nach oben, ist aber gut zu laufen. Aus dem Wald heraus gelange ich kurz vor Marols auf eine kleine Anhöhe und werde hier für die Anstrengung des Aufstiegs mehr als entschädigt. Die Sonne scheint noch immer und ich habe noch einmal einen atemberaubenden Ausblick auf das obere Tal der Loire.