Samstag, 24. Februar 2018: Vougeot – Beaune 24,0 km)
Endlich habe ich wieder gut geschlafen. Es scheint kalt zu sein, denn die aus nur einem Glas bestehenden Fenster sind beschlagen. Das Frühstück ist umfangreich und ich mache mir ein mit reichlich gekochtem Schinken und Käse belegtes Baguette. Für die Frische bringt mir der freundliche Hotelier noch Salat und Essiggurken.
Gestern habe ich mich häufig gefragt, wo kommt den der Wein des Burgund her? Heute laufe ich oberhalb des Chateau du Clos Vougeot endlich durch Weinberge. Es deutet noch nichts auf das flüssige Gold des Burgund hin. Überall nur ca. 40 cm große, knorrige, kurze, alte Stämme mit einem einzigen, langen jüngeren und dürren Trieb. Keine Knospen oder etwas, das darauf schließen ließe, dass darin noch Leben steckt. Hier gedeiht das, was in einigen Jahren die Gaumen der Gourmets weltweit erfreuen wird. Später im Jahr, wenn die Strahlen der Sonne die Trauben und Blätter umspielen werden, wie eine liebende Mutter ihr Kind an die wärmende Brust drückt, bekommt man einen Eindruck von der Kraft der Natur. Manchen Winzern scheint der wichtigste Schatz der Gegend so wertvoll, dass sie Ihre Parzellen offensichtlich bereits vor mehr als hundert Jahren mit dicken Mauern eingefriedet haben. Diese sind teilweise so hoch und mit einem zusätzlichen Graben gesichert, dass sie stark an eine mittelalterliche Burg erinnern.
Weiter laufe ich auf dem Chemin des Grands Crus vorbei an der Domaine de la Romanée-Conti. Für alle Sommeliers unter den Lesern befinde ich mich hier quasi auf heiligem Boden. Ich frage mich nur, wozu die rostigen braunen Fässer dienen, welche wie Schubkarren dirch den Weinberg gefahren werden können. Klar, darin kann ein Feuer entzündet werden, aber wozu ist die ganze Sache dann gut? Ist es die Wärme oder der Rauch, welcher irgendwas mit den Reben macht? Ich bin froh, Nuits-Saint-Georges am Tage zu betreten. Die Kirche beim Friedhof mit dem zentralen Turm über der Vierung macht einen recht finsteren Eindruck und ist verschlossen. Nachts würde ich in diesem mittelalterlichen Dorf an jeder Ecke einen feuerspeienden und fauchenden Drachen erwarten, welcher gerade vom heiligen Georg hoch zu Ross gejagt und mit seiner Lanze zur Strecke gebracht wird.