Im Juni 2018: Muxia, Santiago de Compostela
Hermine und ich laufen sehr entspannt vom Leuchtturm zunächst bergauf zurück Richtung Fisterra. Wir genießen die Einsamkeit hier oben auf dem Hügel der Landzunge. Am Kap war es dann doch schon recht voll. Mit Reisebussen werden die Menschenmassen hierhin gekarrt; ein Bus hatte sogar Rottweiler Kennzeichen. Die Ausblicke sind atemberaubend. Hinter uns der unendlich weite Ozean mit dem Leuchtturm davor, der mit jedem unserer Schritte etwas kleiner zu werden scheint. Auch links und rechts ist nur Wasser zu sehen. Vor uns der schmale und blumenbewachsene Bergrücken, der jetzt abfällt.
Durch eine urwaldartige Landschaft laufen wir am Rand in Richtung Fisterra, gehen aber nicht mehr in den Ort, sondern laufen am Ortsrand Richtung Muxia. Es ist heute sehr warm, und uns droht das Wasser auszugehen. Glücklicherweise sitzt auf der Treppe vor einem weiß getünchten Haus eine junge Frau, die auf ihren Abholer wartet. Obwohl dieser fast zeitgleich mit uns vor der Haustüre auftaucht, geht sie mit unseren leeren Flaschen zurück uns Haus, um sie aufzufüllen. Danke für die Hilfsbereitschaft.
Mit gefüllten Flaschen laufen wir weiter, aber irgendwie ist die Luft raus. Das Ziel, Kap Finisterre, ist erreicht, wir sind zufrieden, da schwindet die Lust am Laufen. Ohne lange zu zögern, hat Hermine auch schon ein Auto angehalten, aber der Fahrer fährt nur noch ein paar hundert Meter und ist dann daheim. Keine Minute später hält ein alter, verrosteter 190er Mercedes in Weiß. Der Stern fehlt, und auch sonst macht das Gefährt den Eindruck, als würde es vom deutschen TÜV rückwirkend stillgelegt. Uns ist das egal, denn der freundliche Fahrer nimmt uns gerne einige Kilometer mit. Zum Abschluss eines netten Gesprächs schenkt er uns noch eine Flasche Rotwein. Da ist der Abend ja gerettet.
Die letzten Kilometer bis nach Lires laufen wir durch einen dichten Wald, können aber immer wieder Blicke auf das blaue Meer erhaschen. An einer Strandbar angekommen, genießen wir ein verspätetes Mittagessen. Es ist voll hier: die spanische Großfamilie am langen Nebentisch erfreut sich lautstark an unglaublich vielen Köstlichkeiten. Neben Fisch und Meeresfrüchten brutzeln auf dem großen Grill auch Spare Ribs und andere fleischliche Leckereien. Die Kinder tollen herum und spielen unter anderem mit bunter Knetmasse. Es ist wundervoll, diesem gelassenen Treiben zuzusehen.
Am Abend sind wir tatsächlich froh, in unserer Pension den geschenkten Rotwein zu öffnen. Es regnet, deshalb ist dauert unser Ausflug in den kleinen Ort nur kurz. Ein richtiges Restaurant ist nicht zu finden, also begnügen wir uns mir Toast. Nicht schlimm, denn wir haben ja spät zu Mittag gegessen.